Kaum in China angekommen höre und sehe ich wieder spannendes: CCTV News ist ein englischsprachiger Kanal des staatlichen chinesischen Fernsehsenders CCTV. Nicht nur dass die Journalisten, drei viertel davon Chinesen, hochprofessionell in gutem, fast akzentfreien Englisch berichten, darüber hinaus ist die Berichterstattung sehr umfassend. So folgt zum Beispiel auf die neusten Entwicklungen um den Euro-Stabilitätspakt und Englands Meinung zu einem neuen Vertragswerk innerhalb der EU eine ausführliche Reportage über den EU-Beitritt Kroatiens. Zu einem hochrangigen Militäraustausch zwischen Indien und China kurz nach massivem Säbelrasseln an einer umstrittenen Grenze werden sowohl Indische wie auch Chinesische Militär- und Diplomatieexperten interviewt.
Richtig spannend wurde es aber nach der 40 minütigen Nachrichtensendung als die Sendung „Crossroads“ begann. Ein Moderator und zwei geladene Gäste sprachen über ein heisses Eisen aus der Microblogger-Szene. Im chinesischen Internet wird zur Zeit offenbar folgende Geschichte heiss diskutiert: Ein Assistenzprofessor von einer pekinger Uni wurde zu einem Gastvortrag an eine andere Uni in Peking eingeladen. Am Eingangstor erlaubte ihm der Wärter dann nicht, mit seinem Auto auf Campus zu fahren, da er keine entsprechende Bewilligung hatte. Der Assistenzprofessor twittert darauf (resp. microblogt im chinesischen Equivalent zu Twitter) was für ein unmöglicher Mensch dieser Wärter doch sei und was dieses Rumreiten auf dummen Regeln denn soll. Der Unterton offenbar klar überheblich gegenüber einem ungebildeten „Türsteher“.
Was dann passiert ist wirklich spannend: Studenten meinen, der Professor hätte ja zu fuss kommen können, oder aber durch ein anderes Tor fahren (was offenbar erlaubt wäre ohne Bewilligung). Andere kommentieren, der Prof solle sich nicht beschweren darüber, dass er im Schnee aus dem Auto steigen musste, schliesslich stehe der Wärter ja den ganzen Tag im Schnee. Die Uni-Leitung steigt in die Geschichte ein und kommuniziert, dass der Wärter ein geschätzter Angestellter der Uni sei und korrekt nach Vorschrift gehandelt habe. Und das Beste: Der Prof welcher sich beschwerte, dass ein Wärter keine Ausnahme macht für einen wichtigen geladenen Gast wie er, ist ein JUS-Professor. Kommentar auf CCTV: Er müsste doch wissen, dass die Gesetze für alle gelten müssen.
Ein zweiter spannender Kommentar zum letzten Punkt von einem der geladenen Gäste, einem Journalisten: Wenn man einmal Privilegien hat, gibt man sie nicht gerne her. Es ist immer einfach als Drittperson zu kritisieren. Aber er selber, der Journalist, habe auch schon erlebt, wie er mit einer Pressedelegation von 20 Polizeiautos eskortiert worden sei. Im Stillen habe er auch kritisiert, dass es eine Verschwendung von Staatsresourcen sei, aber ehrlich müsse er sagen, dass man sich schon wichtig fühlt und geehrt vorkommt, wenn man so eskortiert wird. Letzter Punkt finde ich besonders spannend, weil ein westlicher Journalist sich wohl eher überwacht denn geehrt fühlen würde.
Kurz, CCTV News möchte sich global ausdehnen, als Ergänzung zu CNN, BBC, Al Jazeera und Russia Today. So wie das Program im Moment aussieht, haben sie gute Chancen ernst genommen zu werden. Reinschauen lohnt sich.